Bayerischer Rundfunk Online

Avril 2010

Es ist, als ob die Macht der Gestirne, deren Namen anklingen ihren Einfluss wirksam werden lassen in den überschäumend anbrandenen Klangkaskaden der Musik.

Thierry Pécou: Vague de Pierre - Symphonie du Jaguar
(CD-Erscheinung bei Harmonia Mundi im Februar 2010)

Der 1965 geborene französische Komponist Thierry Pécou öffnet mit seiner Musik Ausblicke in die Gefilde des Erhabenen. Die vier Teile der zugleich filigran gearbeiteten und immer wieder ins Wuchtige überschäumenden Musik (von Vague de Pierre, "Steinwellen") können quasi-symphonisch rezipiert werden. Pécou ist ein Meister des wirkungsvollen Orchestersatzes und handwerklich verwurzelt namentlich in der französischen Tradition von Berlioz über Debussy bis Dutilleux: changierende Klangfarben, vielschichtige, hochvitale Rhythmik, Verfügungsmächtigkeit über emotionale Dynamiken jenseits illustrativer Programmatik...

(...) Ebenso eindrucksvoll (...) auch ein zweites Werk des Thierry Pécou, das auf seiner neuen, bei Harmonia Mundi erschienen CD als wunderbar transparenter Live-Mitschnitt nun vorliegt: die 2002 entstandene Symphonie du Jaguar für Klarinette, Posaune, Violine und Violoncello, sowie fünf Frauenstimmen und Orchester. Auf höchst facettenreiche Weise beschwört jeder der vier Sätze (...) die teils ans Abgründige rührenden Zeremonien und kosmologischen Bezüge präkolumbianischer Kulturen: Vom Chor lautmalerisch umgesetzte Tierstimmen erzählen von den Kalenderberechnungen der Maya, von den Weissagungen der Seher. Es ist, als ob die Macht der Gestirne, deren Namen anklingen ihren Einfluss wirksam werden lassen in den überschäumend anbrandenen Klangkaskaden der Musik.

(...) Pécou - die eigenen Vorfahren lebten in der Karibik - verfeinerte seine Sensibilität auf ausgedehnten Studienreisen rund um den Globus. Jenseits von postmoderner Weltmusikbeliebigkeit geht es ihm darum, sich mit den Ausdrucksintensitäten zeitlich und topographisch entlegener Kulturen mit den Mitteln avancierter Orchestertechniken auseinander zu setzten. Gar träumt er davon, "die ganze Welt zum Klingen zu bringen".

(...) Folgende Frage wird dringlich: warum wird der international längst renommierte und zahlreichen Preisen ausgezeichnete Komponist Thierry Pécou, ein Künstler von solch unglaublichen Potentialen, hierzulande kaum wahrgenommen?

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